Schadensprozesse: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Salzwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
(2 dazwischenliegende Versionen von 2 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 22: Zeile 22:
== Salze und Raumklima ==
== Salze und Raumklima ==


Arnold und Zehnder <bib id=Arnold.etal:1991/>  haben erstmals die Eigenschaften von Salzen vor dem beschriebenen Hintergrund untersucht und Beobachtungen am Bauwerk mit den Eigenschaften verschiedener Salze und den klimatischen Bedingungen korreliert. Sie konnten zeigen, dass in vielen Fällen die Dynamik von Salzschadensprozessen durch Wechselwirkung des Salzgemisches im Porenraum mit der Umgebungsfeuchte, also den raumklimatischen Verhältnissen bestimmt ist. Beispielsweise verändert sich in beheizten Innenräumen die relative Luftfeuchtigkeit zyklisch im Jahresgang, wobei während der Heizperiode typischerweise sehr niedrige Luftfeuchtigkeiten von 30–40% erreicht werden. Das hat eine zyklische Über- und Unterschreitung der Deliqueszenz- bzw. Hydratationsfeuchtigkeiten einer Reihe von Salzen zur Folge, was unweigerlich Schadensprozesse auslöst, wenn die betreffenden Salze in einem Baustoff angereichert und solchen raumklimatischen Bedingungen ausgesetzt werden. Umgekehrt bietet, bei einer gegebenen Belastung eines Baustoffs mit einem bestimmten Salz, die Kontrolle des Raumklimas die Möglichkeit, Schadensprozesse durch Kristallwachstum sicher auszuschließen <bib id=Price:2000 />, <bib id=Steiger:2005c/>, wodurch sich die Möglichkeit zur [[Präventive Konservierung| präventiven Konservierung]] bietet.
Arnold und Zehnder <bib id="Arnold.etal:1991"/>  haben erstmals die Eigenschaften von Salzen vor dem beschriebenen Hintergrund untersucht und Beobachtungen am Bauwerk mit den Eigenschaften verschiedener Salze und den klimatischen Bedingungen korreliert. Sie konnten zeigen, dass in vielen Fällen die Dynamik von Salzschadensprozessen durch Wechselwirkung des Salzgemisches im Porenraum mit der Umgebungsfeuchte, also den raumklimatischen Verhältnissen bestimmt ist. Beispielsweise verändert sich in beheizten Innenräumen die relative Luftfeuchtigkeit zyklisch im Jahresgang, wobei während der Heizperiode typischerweise sehr niedrige Luftfeuchtigkeiten von 30–40% erreicht werden. Das hat eine zyklische Über- und Unterschreitung der Deliqueszenz- bzw. Hydratationsfeuchtigkeiten einer Reihe von Salzen zur Folge, was unweigerlich Schadensprozesse auslöst, wenn die betreffenden Salze in einem Baustoff angereichert und solchen raumklimatischen Bedingungen ausgesetzt werden. Umgekehrt bietet, bei einer gegebenen Belastung eines Baustoffs mit einem bestimmten Salz, die Kontrolle des Raumklimas die Möglichkeit, Schadensprozesse durch Kristallwachstum sicher auszuschließen <bib id="Price:2000"/>, <bib id="Steiger:2005c"/>, wodurch sich die Möglichkeit zur [[Präventive Konservierung| präventiven Konservierung]] bietet.


Betrachtet man beispielsweise ein Salz, das keine Hydrate bildet, also z.B. Natriumchlorid ([[Halit|NaCl]], [[Halit]]), dann können Schäden zuverlässig unterbunden werden, wenn die relative Luftfeuchtigkeit kontinuierlich unterhalb der Deliqueszenzfeuchtigkeit von NaCl gehalten wird. In diesem Fall würde das im Baustoff vorhandene Salz einmal auskristallisieren und danach, in Abwesenheit anderer Quellen für flüssiges Wasser, immobilisiert im kristallinen Zustand vorliegen. Würde die relative Luftfeuchtigkeit konstant über der Deliqueszenzfeuchtigkeit von NaCl gehalten, würde es nie zur Kristallisation kommen, das Salz würde permanent in gelöster Form als Porenlösung vorliegen und es würde ebenfalls keine Materialschädigung auftreten. Je nach Art des Salzes, seiner Konzentration im Baustoff und der relativen Luftfeuchtigkeit können alllerdings deutlich erhöhte [[Materialfeuchte|Materialfeuchten]] die Folge sein.
Betrachtet man beispielsweise ein Salz, das keine Hydrate bildet, also z.B. Natriumchlorid ([[Halit|NaCl]], [[Halit]]), dann können Schäden zuverlässig unterbunden werden, wenn die relative Luftfeuchtigkeit kontinuierlich unterhalb der Deliqueszenzfeuchtigkeit von NaCl gehalten wird. In diesem Fall würde das im Baustoff vorhandene Salz einmal auskristallisieren und danach, in Abwesenheit anderer Quellen für flüssiges Wasser, immobilisiert im kristallinen Zustand vorliegen. Würde die relative Luftfeuchtigkeit konstant über der Deliqueszenzfeuchtigkeit von NaCl gehalten, würde es nie zur Kristallisation kommen, das Salz würde permanent in gelöster Form als Porenlösung vorliegen und es würde ebenfalls keine Materialschädigung auftreten. Je nach Art des Salzes, seiner Konzentration im Baustoff und der relativen Luftfeuchtigkeit können alllerdings deutlich erhöhte [[Materialfeuchte|Materialfeuchten]] die Folge sein.
Zeile 38: Zeile 38:
<biblist/>
<biblist/>


[[Category:Grundlagen]] [[Category:Steiger,Michael]] [[Category:R-MSteiger]] [[Category:Bearbeitung]]
[[Category:Grundlagen]] [[Category:Steiger,Michael]] [[Category:R-MSteiger]] [[Category: review]]

Aktuelle Version vom 14. März 2017, 20:30 Uhr


Autoren: Michael Steiger

zurück zu Salze/Salzgemische

Einleitung[Bearbeiten]

Salzen kommt eine zentrale Bedeutung bei der Verwitterung poröser Baustoffe zu. Salzschäden sind immer die Folge von Phasenumwandlungen im Porenraum und damit einhergehendem Kristallwachstum. Durch die in einem Porenraum eingeschlossenen, wachsenden Kristalle können Drücke aufgebaut werden, die die mechanische Festigkeit vieler Baustoffe übertreffen, so dass es zum Versagen der Materialien kommt. In den vergangenen Jahren wurden erhebliche Fortschritte beim Verständnis des eigentlichen Schadensmechanismus beim Kristallwachstum erzielt. Ungeachtet des Mechanismus ist es aber offensichtlich, dass die genaue Kenntnis der Bedingungen, unter denen es zu unerwünschten Phasenumwandlungen kommt, von entscheidender Bedeutung ist, um geeignete Strategien zur Verhinderung von Schäden zu entwickeln.

Phasenumwandlungen – Kristallisation[Bearbeiten]

Der wichtigste Phasenumwandlungsprozess, der zu Schäden in Baustoffen führen kann, ist die Kristallisation eines Salzes in einer Porenlösung. Diese kann beispielsweise durch Verdunstung von Wasser ausgelöst werden oder auch durch eine Temperaturänderung, da viele Salze eine ausgeprägte Abhängigkeit ihrer Löslichkeit von der Temperatur aufweisen. Kritisch wird der Prozess vor allem dann, wenn er unter ungünstigen Bedingungen zyklisch auftritt, d.h. wenn Salze immer wieder in Lösung gehen und auskristallisieren. Solche zyklischen Kristallisationsprozesse treten dann auf, wenn der Feuchtigkeitsgehalt des Materials sich ständig verändert. Bei hoher Feuchtigkeitszufuhr, z.B. bei Beregnung, lösen sich die in der Regel gut löslichen Salze in Baustoffen auf, bei der anschließenden Trocknung kommt es zur Kristallisation. Auch Kondensation kann als Quelle der Feuchtigkeit für die zwischenzeitliche Auflösung von Salzen in Betracht kommen.

Schließlich sind es vor allem die Eigenschaften der Salze selbst, die den Feuchtegehalt eines Baustoffs kontrollieren. Hier kommt besonders dem Vorgang der Deliqueszenz eine besondere Bedeutung zu. Bei Überschreitung seiner Deliqueszenzfeuchtigkeit (DRH) nimmt ein Salz Feuchtigkeit aus der umgebenden Luft auf und bildet eine Lösung. Bei weiterer Erhöhung der Luftfeuchtigkeit wird mehr Wasser aufgenommen und die Lösung verdünnt sich stark. Salze im Mauerwerk können deshalb aufgrund ihrer Hygroskopizät erheblich zur Durchfeuchtung beitragen. Sinkt die relative Luftfeuchtigkeit der Umgebungsluft wieder unter die Deliqueszenzfeuchtigkeit ab, kommt es zur Kristallisation. Somit können alleine Schwankungen der relativen Luftfeuchtigkeit um die Deliqueszenzfeuchtigkeit zu zyklischen Kristallisationsprozessen führen, die in der Regel schon nach kurzer Zeit schwere Materialschäden zur Folge haben.

Phasenumwandlungen – Hydratation[Bearbeiten]

Auch bei Hydratationsreaktionen kommt es zum Kristallwachstum im Porenraum. Da die höher hydratisierte Phase eine geringere Dichte aufweist, erhöht sich bei Hydratationsreaktionen der Porenfüllungsgrad, so dass die wachsenden Kristalle der hydratisierten Form eines Salzes gegen die Porenwand wachsen und Druck, den sogenannten Hydratationsdruck, aufbauen können. Auch Hydratationsreaktionen können unter ungünstigen Bedingungen zyklisch verlaufen. Dabei kann die für die Hydratationsreaktion erforderliche Feuchte wiederum durch Niederschläge oder Kondensation eingebracht werden, es kann aber auch eine Erhöhung der relativen Luftfeuchtigkeit ausreichen, um die Reaktion in Gang zu setzen.

Salze und Raumklima[Bearbeiten]

Arnold und Zehnder [Arnold.etal:1991]Titel: Monitoring Wall Paintings Affected by soluble Salts
Autor / Verfasser: Arnold, Andreas; Zehnder, Konrad
Link zu Google Scholar
haben erstmals die Eigenschaften von Salzen vor dem beschriebenen Hintergrund untersucht und Beobachtungen am Bauwerk mit den Eigenschaften verschiedener Salze und den klimatischen Bedingungen korreliert. Sie konnten zeigen, dass in vielen Fällen die Dynamik von Salzschadensprozessen durch Wechselwirkung des Salzgemisches im Porenraum mit der Umgebungsfeuchte, also den raumklimatischen Verhältnissen bestimmt ist. Beispielsweise verändert sich in beheizten Innenräumen die relative Luftfeuchtigkeit zyklisch im Jahresgang, wobei während der Heizperiode typischerweise sehr niedrige Luftfeuchtigkeiten von 30–40% erreicht werden. Das hat eine zyklische Über- und Unterschreitung der Deliqueszenz- bzw. Hydratationsfeuchtigkeiten einer Reihe von Salzen zur Folge, was unweigerlich Schadensprozesse auslöst, wenn die betreffenden Salze in einem Baustoff angereichert und solchen raumklimatischen Bedingungen ausgesetzt werden. Umgekehrt bietet, bei einer gegebenen Belastung eines Baustoffs mit einem bestimmten Salz, die Kontrolle des Raumklimas die Möglichkeit, Schadensprozesse durch Kristallwachstum sicher auszuschließen [Price:2000]Titel: An expert chemical model for determining the environmental conditions needed to prevent salt damage in porous materials : protection and conservation of the European cultural heritage
Autor / Verfasser: Price, C.
Link zu Google Scholar
, [Steiger:2005c]Titel: Salts in Porous Materials: Thermodynamics of Phase Transitions, Modeling and Preventive Conservation
Autor / Verfasser: Steiger, Michael
Link zu Google Scholar
, wodurch sich die Möglichkeit zur präventiven Konservierung bietet.

Betrachtet man beispielsweise ein Salz, das keine Hydrate bildet, also z.B. Natriumchlorid (NaCl, Halit), dann können Schäden zuverlässig unterbunden werden, wenn die relative Luftfeuchtigkeit kontinuierlich unterhalb der Deliqueszenzfeuchtigkeit von NaCl gehalten wird. In diesem Fall würde das im Baustoff vorhandene Salz einmal auskristallisieren und danach, in Abwesenheit anderer Quellen für flüssiges Wasser, immobilisiert im kristallinen Zustand vorliegen. Würde die relative Luftfeuchtigkeit konstant über der Deliqueszenzfeuchtigkeit von NaCl gehalten, würde es nie zur Kristallisation kommen, das Salz würde permanent in gelöster Form als Porenlösung vorliegen und es würde ebenfalls keine Materialschädigung auftreten. Je nach Art des Salzes, seiner Konzentration im Baustoff und der relativen Luftfeuchtigkeit können alllerdings deutlich erhöhte Materialfeuchten die Folge sein.

Phasendiagramme[Bearbeiten]

Die Deliqueszenzfeuchtigkeiten verschiedener in Baustoffen anzutreffender Salze unterscheiden sich sehr stark und decken den gesamten Bereich der relativen Luftfeuchtigkeit ab. Im Falle des Natriumchlorids ist allerdings die Deliqueszenz nahezu unabhängig von der Temperatur und beträgt ca. 75% r.F., so dass es in diesem Fall einfach ist, geeignete klimatische Bedingungen vorherzusagen. Bei anderen Salzen weist die DRH eine starke Temperaturabhängigkeit auf. Handelt es sich weiterhin um Salze, die in verschiedenen Hydratstufen auftreten können, so ist es häufig schwieriger, geeignete klimatische Bedingungen zu definieren. In solchen Fällen ist ein Phasendiagramm sehr hilfreich, in dem die Stabilitätsbereiche der verschiedenen Phasen als Funktion von Temperatur und relativer Luftfeuchtigkeit eingezeichnet sind.

Salzgemische[Bearbeiten]

Im Falle reiner Salze ist es auf Grundlage des jeweiligen Phasendiagramms immer möglich, durch Wahl geeigneter raumklimatischer Bedingungen Phasenumwandlungen, d.h. Kristallwachstum zuverlässig zu unterbinden. Leider hat man es in Baustoffen praktisch nie mit reinen Salzen zu tun, sondern fast immer mit mehr oder weniger kompliziert zusammengesetzten Gemischen. In den meisten Fällen hat man es an Bauwerken mit den Chloriden, Nitraten, Sulfaten und Carbonaten von Natrium, Kalium, Magnesium und Calcium zu tun. Das Verhalten von Salzgemischen ist weitaus komplizierter als das Verhalten reiner Salze und kann in der Regel nicht auf einfache Weise aus den Eigenschaften der beteiligten reinen Salze abgeleitet werden. Beispielsweise können Salzgemische nicht mehr durch eine einzelne Deliqueszenzfeuchtigkeit charakterisiert werden, es existiert vielmehr, je nach Mischungszusammensetzung, ein Luftfeuchtigkeitsbereich, innerhalb dessen Schwankungen der relativen Luftfeuchtigkeit zu Phasenumwandlungen und Kristallisationsprozessen führen. Phasendiagramme von Salzgemischen sind deshalb weitaus komplexer und die Vorhersage geeigneter raumklimatischer Bedingungen kann deshalb üblicherweise nur unter Verwendung geeigneter Modelle erfolgen. Sie werden an anderer Stelle ausführlicher behandelt.

Literatur[Bearbeiten]

[Arnold.etal:1991]Arnold, Andreas; Zehnder, Konrad (1991): Monitoring Wall Paintings Affected by soluble Salts. In: Cather, Sharon (Hrsg.): The Conservation of Wall Paintings: Proceedings of a symposium organized by the Coutrauld Institut of Art and the Getty Conservation Institute, London, July 13-16, The Getty Conservation Institute, 103-136, Webadresse.Link zu Google Scholar
[Price:2000]European Commission. Directorate-General XII, Science, Research, Development (Hrsg.) Price, C. (2000): An expert chemical model for determining the environmental conditions needed to prevent salt damage in porous materials : protection and conservation of the European cultural heritage, Archetype Publications LtdLink zu Google Scholar
[Steiger:2005c]Steiger, Michael (2005): Salts in Porous Materials: Thermodynamics of Phase Transitions, Modeling and Preventive Conservation. In: Restoration of Buildings and Monuments, 11 (6), 419-432Link zu Google ScholarLink zum Volltext